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Wie Zugvögel die Schweizer Alpen überqueren, untersuchte ein Team des GIUZ und der Schweizerischen Vogelwarte erstmals mit ganzjährigen Radarmessungen: Zugsintensitäten, Flughöhen, Geschwindigkeiten und Richtungen wurden aufgezeichnet. Dabei zeigte sich, dass Zugvögel die Alpentäler und angrenzende Pässe als Durchgangswege nutzen. Diese Ergebnisse haben wichtige Implikationen für den Schutz von Zugvögeln in den Schweizer Alpen, da Täler und Passübergänge auch potenzielle Standorte für Windkraftanlagen sind.
Jedes Jahr im Herbst verlassen mehr als zwei Milliarden Zugvögel ihr Sommerquartier in Europa. Auf ihrer Reise Richtung Süden stellen die Alpen eine besondere Hürde dar. Während viele Vögel die Alpen weiträumig umfliegen, wählen andere den direkten Weg, um schneller in ihr Winterquartier südlich der Sahara zu gelangen. Wie viele Vögel die Alpen überqueren und wie sie das tun, war bis vor kurzem nicht genau bekannt. Visuelle Beobachtungen legen nahe, dass Zugvögel vor allem entlang alpiner Täler fliegen, um Seitenwinde und grosse Anstiege zu vermeiden.
Die meisten Vögel migrieren jedoch nachts. Das erschwert die Messung des Vogelzugs. In traditionellen Studien zählen Forschende die Silhouetten vorbeiziehender Vögel während heller Vollmondnächte, eine ebenso zeitintensive wie zeitlich limitierte Methode.
Hochspezialisierte Radarsysteme ermöglichen nun, den Vogelzug mit viel höherer Genauigkeit zu messen. Sie erfassen Vögel bis zu 1500 Metern über dem Boden. Das Team um Erstautor Simon Hirschhofer verwendete zwei solcher Scanner im Schweizer Inn- und Urserental und einen weiteren Scanner im Alpenvorland nahe Sempach. Die Ergebnisse der Studie bestätigen, dass sich Zugvögel bei der Überquerung der Alpen an der lokalen Topografie orientieren. Die Vögel nutzen Täler und angrenzende Passübergänge als Durchgangswege durch die Alpen. Teilweise führt dies lokal und temporär zu enormen Zugspitzen, in denen über 20’000 Vögel pro Stunde einen Talquerschnitt passieren.
Die Ergebnisse haben wichtige Implikationen für den Schutz der Zugvögel in den Schweizer Alpen. Denn Täler und Passübergänge sind auch potenzielle Standorte für Windkraftanlagen. Kollisionen mit Windturbinen stellen bereits heute eine Gefahr für Zugvögel dar. «Mit Hilfe der Radartechnologie sollte die Zugintensität lokal überwacht werden», schlägt Simon Hirschhofer vor. «In Zeiten, in denen viele Vögel unterwegs sind, könnten die Turbinen vorübergehend abgeschaltet werden. Oder man meidet solche Standorte generell für die Windenergiegewinnung.» So könnten Tausende von Vögeln sicher von ihren Winterquartieren in die Sommerquartiere und zurück gelangen.
Simon Hirschhofer, Felix Liechti, Peter Ranacher, Robert Weibel, Baptiste Schmid: High-intensity bird migration along Alpine valleys calls for protective measures against anthropogenically induced avian mortalityRemote Sensing in Ecology and Conservation 2024
https://doi.org/10.1002/rse2.377
Titelbild von G.C. auf Pixabay