Navigation auf uzh.ch

Suche

Geographisches Institut

Warum deine Tweets bei einem Erdbeben wichtig sein können

Informationen aus Tweets abzurufen kann bei Naturkatastrophen Menschenleben retten. Die Doktorandin Kiran Zahra arbeitet gemeinsam mit Linguisten und internationalen Organisationen daran, die geeigneten Methoden zu entwickeln.

Kiran

Social Media als Forschungsinstrument: Was genau machst du da?

Ich finde Informationen in unstrukturiertem Text auf Twitter. Ich analysiere Tweets, die bei Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Erdbeben gepostet werden. Opferberichte und Hilferufe liefern wichtige Informationen für humanitäre Organisationen. So können sie einen Überblick über die Situation gewinnen und Hilfsmassnahmen planen. Das Internet ist heutzutage fast überall verfügbar, daher nutzen die Menschen intensiv die sozialen Medien, um sich im Fall einer Katastrophe auszutauschen.

Das Schwierige ist jedoch, aus einer Fülle von Daten die wirklich relevanten zu identifizieren. Wenn wir Tweets nach bestimmten Katastrophen-Keywords erfassen, schliesst dies auch Tweets von jemandem ein, der sich mit Informationen «überflutet» fühlt oder in seiner Beziehung ein «Erdbeben» erlebt. Das ist es, was wir als «noisy data» bezeichnen. Meine Forschung beschäftigt sich damit, wie man dieses Rauschen loswerden kann.

Und wie macht man das? 

Wir verwenden maschinelles Lernen, um die Tweets zu klassifizieren. Diese Algorithmen erfordern jedoch gut aufbereitete Trainingsdatensätze. Bei Katastrophen ist Zeit ein entscheidender Faktor, und die Erstellung neuer Trainingsdatensätze kann Leben kosten. Deshalb haben wir untersucht, ob ein Algorithmus, den wir auf einem Datensatz eines Erdbebens in Italien trainiert haben, genau die richtigen Tweets auch für ein Erdbeben in Myanmar erkennt, dass zufällig gleichzeitig stattgefunden hat. Wir haben nur die Ortsnamen in beiden Datensätzen vertauscht. Und es hat tatsächlich funktioniert. Damit können wir Tweets wirklich effizient und schnell analysieren.

Kiran 3MT slide

Woher weißt du, dass die Informationen glaubwürdig sind?

Anhand spezifischer linguistischer Merkmale können wir unterscheiden, von wem die Informationen stammen. Besonders wertvoll sind jene von Augenzeugen, denn diese Personen haben das Ereignis direkt beobachtet. Aber auch Berichte über Familienangehörige und Freunde in der betroffenen Region, die von Menschen in anderen Teilen der Welt geteilt werden, sind sehr aufschlussreich. 

Was ist mit den rechtlichen und ethischen Aspekten, wenn man Informationen wie Tweets für die Forschung nutzt?

Das ist ein wichtiger Punkt. Wir sind dabei, einen guten Weg zu finden. Wir müssen ethische Bedenken berücksichtigen, aber gleichzeitig auch die Reproduzierbarkeit gewährleisten. Forschende arbeiten oft in Grauzonen ohne klare Richtlinien. Demnächst werden wir das in einem Workshop diskutieren, den ich mitorganisiere. Der Name des Workshops lautet LESSON 2019 und steht für «Legal Ethical factorsS crowdSourced geOgraphic iNformation» und findet am 8. und 9. Oktober hier in Zürich statt. Das Interesse ist enorm. Wir haben viele hochrangige Beiträge erhalten.

Wie kam es dazu, dass du für dein Doktorat ans GIUZ gekommen bist?

Ich komme aus Pakistan, wo ich Geographie mit den Schwerpunkten Geographische Informationswissenschaften und Fernerkundung studiert habe. Informatik hat mich auch interessiert und so habe ich während meines Bachelorstudiums einige Programmierkurse besucht. Ich wollte schon immer promovieren. Dann erhielt ich ein Swiss Government Excellence Scholarship, und so kann ich nun mit Ross Purves zusammenarbeiten.

Letztes Jahr hast du den ersten Platz bei der Three Minute Thesis Competition (3MT) gewonnen, die vom Graduate Campus UZH organisiert wird.

Ja, das war eine tolle Erfahrung. Wir hatten drei Minuten Zeit, um unsere Forschung einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Einige Monate zuvor hatte ich an einem Kurs zum Thema «Storyboarding as a Research Tool» teilgenommen. Dort sollten wir unsere Forschung in einer einzigen Skizze zusammenfassen. Dabei habe ich entdeckt, dass ich aus den einzelnen Teilprojekten meiner Doktorarbeit eine Story erstellen kann. Sie sind alle miteinander verbunden als Teile eines grossen Ganzen. Ich denke, es ist eine grössten der Gefahren einer publikationsbasierten Doktorarbeit, dass man sich einfach verirrt. 

Du warst eine von drei UZH-Studierenden, die im Juli an der LERU Doctoral Summer School in Edinburgh teilnehmen konnten.

Das war eine tolle Sommerschule! Im Mittelpunkt standen internationale Forschungskooperationen. Ein Thema, das mich sehr interessiert, da ich mit Sprachwissenschaftlern, Informatikerinnen und Menschen aus dem Katastrophenbereich zusammenarbeite. Dabei gibt es viele Herausforderungen und ich war sehr froh, in dieser Sommerschule einige Antworten zu bekommen. Zusammen mit anderen PhD-Peers mehrerer europäischer Universitäten haben wir einen Leitfaden über internationale Forschungskooperationen speziell für Nachwuchsforschende erstellt.

Aus all diesen Aktivitäten und Kurse neben der eigentlichen Forschungsarbeit habe ich sehr viel gelernt. Ich sehe das als einen wichtigen Teil meiner Ausbildung. Es gibt mir mehr Selbstvertrauen und verbessert meine Kommunikationsfähigkeiten.

Und was machst du gerne in deiner Freizeit?

Ich liebe es, mit anderen Familien in Kontakt zu treten. Wir treffen uns ab und zu zum gemeinsamen Kochen und Essen. Mein Sohn geniesst das sehr. Ich bin eine gute Köchin. Auch in meinem Privatleben geht es vor allem um Kommunikation und Menschen!

LESSON 2019: Legal Ethical factorS crowdSourced geOgraphic iNformation
October 8-9, 2019, University of Zurich

Website

 

Three Minute Thesis Competition (3MT)

Video

 

 

 

 

LERU Doctoral Summer School 2019, Edinburgh

Best practice guide for international research collaborations

 

 

 

 

 

Unterseiten

Weiterführende Informationen

Who's who @ GIUZ

Weitere Artikel