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Geographisches Institut

#61: Berner Seeland - quo vadis?

Das Berner Seeland ist die «Gemüsekammer» der Schweiz. Die Moorböden, das Wassermanagement und die landwirtschaftliche Nutzung stehen jedoch im Spannungsfeld zwischen Produktivität und Nachhaltigkeit. Studierende setzten sich damit im Rahmen eines Integrativen Projekts (GEO401) auseinander.

  • Aktuelles Luftbild Grosses Moos (Quelle: Fonds Landschaft Schweiz)

  • Überschwemmung Grosses Moos 1950 (Quelle: Staatsarchiv Bern)

  • Kartenausschnitt der Situation im Jahr 1864 ...

  • ... und 2018 (Quelle: swisstopo)

  • Böden und ihre Nutzung in einem Teilgebiet des Grossen Moos

  • Weitverzweigtes Kanalnetz im Grossen Moos (Quelle: swisstopo)

  • Impressionen der Probenahme an Bäumen ...

  • ... und in einem Moor

  • Oberflächenänderungen der letzten 100 Jahre (Quelle: swisstopo)

  • Alternative Nutzung: Reisanbau ...

  • ... oder Agroforstwirtschaft (Quelle: www.eurafagroforestry.eu)

Das Berner Seeland, die heutige «Gemüsekammer» der Schweiz, leidet immer mehr unter Bodenschwund. Mit dem Integrativen Projekt (GEO401) hatten die Studierenden die einmalige Möglichkeit, sich mit dieser Landschaft, deren Entstehung und Entwicklung sowie der Nutzung des Bodens auseinanderzusetzen. Um die Landwirtschaft und Böden zu erhalten, spricht man bereits von einer weiteren «Juragewässerkorrektion», die allerdings enorme Kosten verursachen würde. Zielführende Ideen und eine solide Datengrundlage für eine nachhaltige Nutzung der Gewässer und Böden sind deshalb gefragt. 

Die Probleme sind seit 150 Jahren bekannt

Seit der Ersten Juragewässerkorrektion (1868 bis 1891) ist eine produktive Landwirtschaft im Berner Seeland möglich. Eine Folgeerscheinung davon war der starke Abbau der organischen Substanz der Moorböden und deren Sackung. In unserem Projekt gelang es nun das erste Mal, diese Oberflächenveränderung zu quantifizieren und auch räumlich zu differenzieren. Grossflächige Absenkungen von bis zu 2.5 Metern fanden in den letzten knapp 100 Jahren statt. Die am stärksten betroffenen Zonen liegen südlich von Ins und westlich von Kerzers.

Tatsächlich wurden unter Landwirtschaftsboden jährliche Kohlenstoffverluste von bis zu 5 Tonnen Kohlenstoff pro Hektare gemessen. Wachsen Bäume im betreffenden Gebiet, beträgt der Verlust nur rund die Hälfte. Waldvegetation kann somit den Abbau von Moorböden zwar nicht verhindern, aber immerhin deutlich reduzieren.

Be- und Entwässerung nötig

Erst das ausgeklügelte Kanalsystem im Berner Seeland ermöglichte eine ertragreiche Landwirtschaft. Es dient sowohl der Be- als auch der Entwässerung. Die Wehre der Binnenkanäle steuern den Grundwasserspiegel. Entgegen des natürlichen Jahresverlaufs versucht man ihn in der Vegetationsperiode hoch zu halten, um den Pflanzen kontinuierlich Wasser zur Verfügung zu stellen. Der ständige Unterhalt der Kanäle und Stauwehre ist jedoch eine zentrale Voraussetzung, damit das Wasser trotz des sehr geringen Gefälles störungsfrei fliessen kann.

Die Fruchtbarkeit der Böden erhöhen

Genauso wichtig ist die Fruchtbarkeit der Böden. Vermehrt werden Aufschüttungen durchgeführt, um entweder Senken, wo sich Wasser ansammelt, zu eliminieren oder um die Bodenmächtigkeit zu erhöhen. Die von uns untersuchten Fälle zeigten zwar ein positives Endresultat: Der Moorabbau konnte teilweise reduziert und die Bodeneigenschaften und Fruchtbarkeit verbessert werden. Dennoch wurde das Bodenmaterial während des Einbaus stark verdichtet und nur mit Glück konnten grössere Schäden vermieden werden. Der Bodenschutz, die Behörden und Landeigentümer stehen damit vor der grossen Herausforderung, solche Massnahmen verstärkt zu koordinieren und nachhaltig einzusetzen.

Bäume helfen Moorgebiete zu schützen

Das Grosse Moos in der Umgebung von Müntschemier und Ins weist auch grössere Waldgebiete aus. Niederschlag und Grundwasserspiegel sind ausschlaggebend für das Wachstum der Waldvegetation. Eschen beispielsweise sind Tiefwurzler und können aus tieferen Schichten (Grund-) Wasser beziehen. Fichten hingegen müssen als Flachwurzler ihren Wasserbedarf aus dem obersten Bodenbereich abdecken. 

Eigentlich hätte erwartet werden können, dass der Grundwasserspiegel im Wald tiefer läge als an baumlosen Standorten, da die Bäume generell mehr Wasser aus dem Boden ziehen als Feldfrüchte, den Boden austrocknen und den Moorabbau fördern. Diese Vermutung liess sich jedoch nicht bestätigten. Im Gegenteil: Die Waldvegetation bewirkt einen geringeren Moorabbau als dies auf Landwirtschaftsflächen der Fall ist. Bäume können sich generell positiv auf die Böden ihrer Standorte auswirken. Eine optimierte Kombination von Forst- und Landwirtschaft (Agroforstwirtschaft) könnte also helfen, besonders gefährdete Moorgebiete vor der Auszehrung zu schützen.

Grosse Herausforderungen für die Zukunft

Die Landwirtschaftsregion Berner Seeland wird zukünftig mit grossen Herausforderungen konfrontiert sein: Mehr Natur- und Bodenschutz und eine ökologische Aufwertung der landwirtschaftlichen Strukturen sind notwendig, ohne jedoch die agrarische Produktion allzu sehr einzuschränken.

Markus Egli

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