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Leigh Johnson ist im akademischen Jahr 2023/2024 Verena-Meyer-Gastprofessorin am GIUZ. Sie spricht über ihre Forschung und Lehre, warum sie das GIUZ für ihr Sabbatical gewählt hat und was sie vermissen wird, wenn sie Zürich verlässt.
Leigh Johnson: Die Verena-Meyer-Gastprofessur ist ein Förderprogramm der Universität Zürich, um die Sichtbarkeit von Professorinnen als Vorbilder für den wissenschaftlichen Nachwuchs innerhalb der Universität zu erhöhen. Meistens ist eine Gastprofessur eine Position für jemanden, der bzw. die ein Forschungssemester ausserhalb der Heimatinstitution verbringt, in meinem Fall die University of Oregon, Eugene.
Ein Fokus liegt auf der Art und Weise, wie Märkte für Klimarisiken geschaffen werden, insbesondere interessieren mich Finanzinstrumente und Versicherungsprodukte zur Übertragung von Klimarisiken. Im Moment befasse ich mich mit Versicherungspolicen für staatlicher Akteure, v.a. in Afrika. Dort kaufen Regierungen Versicherungspolicen für Dürre und tropische Wirbelstürme.
Ein anderer Teil meiner Forschung konzentriert sich auf das, was ich «Anpassungsarbeit» nenne - die Arbeit, die Menschen leisten, um sich an den Klimawandel anzupassen. Diese Arbeit wird oft nicht anerkannt, nicht bezahlt und manchmal überhaupt nicht als «Arbeit» angesehen. Ich versuche, die damit verbundenen Prozesse zu dokumentieren, aber auch eine Theorie darüber zu entwickeln, wie wir sie in der Politischen Ökonomie und der Politischen Ökologie verstehen können. In diesem Zusammenhang habe ich bisher zwei sehr unterschiedliche Beispiele untersucht. Das eine ist die Organisation der Arbeit an boden- und wasserschonenden Landschaftselementen in trockenen ostafrikanischen Weidegebieten, das andere die Bekämpfung von Waldbränden durch inhaftierte Menschen in Oregon.
Ich wollte zurückkommen, seit ich hier eine Postdoc- und eine Oberassistenz-Stelle innehatte. Ich habe von 2011 bis Anfang 2016 am GIUZ gearbeitet, meine älteste Tochter ist in der Schweiz geboren. Wir wollten, dass unsere Kinder die Schweiz kennenlernen und dass wir an Orte und zu Menschen zurückkehren können, an die wir uns gerne erinnern. Und aus wissenschaftlicher Perspektive ist die Schweiz ein sehr lebendiger Ort, an dem viel passiert – eine vertraute und anregende Umgebung, ideal für ein Sabbatical.
Viele Dinge! Im Herbst habe ich meine Forschung auf die Anpassung und Wiederherstellung von Ökosystemen ausgeweitet. Als akademische Fellow der Digital Society Initiative habe ich begonnen, digitale Crowdfunding-Plattformen zu untersuchen, die zur Finanzierung solcher ökologischer Wiederherstellungsmassnahmen genutzt werden. Ich möchte verstehen, wie digitale Plattformen diese Form der «Anpassungsarbeit» vermitteln und gestalten. Zusammen mit Karin Schwiter aus der Forschungsgruppe Labour Geography arbeite ich in diesem Zusammenhang an einem wissenschaftlichen Artikel.
Ausserdem begann ich in Kenia mit der Erforschung von Boden- und Wasser-«Dämmen». Dabei handelt es sich um kleine Halbkreise aus Erde, die in trockenen und halbtrockenen Weidelandschaften das abfliessende Wasser auffangen, damit wieder mehrjährige Gräser für die Viehweide wachsen können. Ich konnte einige Feldarbeiten in Kenia durchführen und habe erste Ergebnisse in einem Vortrag am GIUZ vorgestellt.
Dann habe ich auch zahlreiche Vorträge in London, Paris und Lausanne gehalten. Viel Spass hat es mir auch gemacht, im Geographie-Mastermodul "Global Economic Geographies of Food and Agriculture" zusammen mit dir zu unterrichten. Es war definitiv ein Highlight, wieder zu diesem Kurs beizutragen und mit den Masterstudierenden zu interagieren.
Und schliesslich habe ich im Rahmen des Verena-Meyer-Programms verschiedene Workshops zum Thema "Mentor:in sein" und zum Aufbau eines Mentoring-Netzwerks für Assistenzprofessor:innen bzw. Postdocs/Oberassistent:innen entwickelt und geleitet.
Ein wichtiger Unterschied ist, dass das Institut hier so gross ist. Es ist fast ein Universum für sich, es ist immer etwas los. Man kann unmöglich jede:n treffen oder an allem teilnehmen, das interessant wäre. Meine beiden Institute in Oregon sind relativ klein, daher arbeite ich dort mit verschiedensten Forschungseinheiten der gesamten Universität zusammen.
Ausserdem gibt es am GIUZ sehr viele Masterstudierende. Generell machen die Studierenden hier in der Schweiz viel häufiger einen Master in Geographie als in den USA. Ich geniesse und schätze die Ernsthaftigkeit der Studierenden und die tiefgreifende Auseinandersetzung mit den Lerninhalten. Die Studierenden streben vielleicht einen weiteren akademischen Abschluss anstreben – oder auch nicht. Das ist eine ganz besondere, wichtige Ausbildung, und ich denke, sie ist nur aufgrund der besonderen Finanzierungsbedingungen hier möglich.
Ich habe es sehr genossen, zu laufen und neue Wege durch die Wälder im Norden Zürichs zu entdecken. Ausserdem haben wir viel Zeit damit verbracht, unseren Kindern - sie sind 5 und 8 Jahre alt - verschiedene Dinge zu zeigen. Wir sind viel gewandert, haben Ziegen gefüttert und die Berge erkundet. Wir sind gerade von einer Zugfahrt nach Tirano auf der Albula/Bernina-Linie zurückgekommen und waren mit ihnen auf dem Morteratsch-Gletscher.
Ich finde das Radfahren in Zürich ziemlich herausfordernd, um nicht zu sagen bedrohlich, deshalb vermisse ich mein E-Bike und die ruhigeren Strassen in Eugene.
Die Züge und generell die öffentlichen Verkehrsmittel!
Christian Berndt