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Nicht nur Corona treibt junge Erwachsene in den eigenen vier Wänden in den Ausgang. Wenn sie unbeaufsichtigt sind, ermöglicht ihnen das Daheim Autonomie und Intimität.
Ein grosser Teil des Nachtlebens junger Erwachsener findet zu Hause statt. Dieser private Ausgang im Kreis von Freundinnen und Freunden ist für sie sehr wichtig. Eine Studie von Katharina Pelzelmayer und Sara Landolt vom Geographischen Institut der Universität Zürich beschreibt das Daheim als Ort der Autonomie und Sicherheit.
«Für junge Erwachsene ist das Nachtleben wichtig. Sie können dort Grenzen testen, ihre Persönlichkeit entwickeln und Freundschaften aufbauen. Die meisten Studien zu diesem Thema betreffen den öffentlichen Raum: Bars, Clubs, Parks oder die Strasse. Wir haben jedoch festgestellt, dass mehr als die Hälfte der nächtlichen Aktivitäten im privaten Raum stattfinden», erklären die beiden Forscherinnen. Für ihre Untersuchung haben sie 40 Interviews analysiert, in denen jungen Erwachsenen zwischen 16 und 25 Jahren offene Fragen über das Nachtleben gestellt worden waren.
«Mehr als die Hälfte der nächtlichen Aktivitäten finden
im privaten Rahmen statt.»
Die Forscherinnen konnten zeigen, dass das Zuhause im Nachtleben junger Menschen ein wichtiger Raum mit hohem symbolischem Wert ist. Wenn sie sich dort ohne elterliche Kontrolle bewegen können, bietet das ihnen eine Autonomie, die für gesellige Abende prädestiniert: Sie können sich selbst ausdrücken und kontrolliert Alkohol konsumieren.
Die Ergebnisse zeigen, wie der Raum des Daheims beeinträchtigt wird, wenn der Zugang beschränkt ist und die Eltern die Jugendlichen beaufsichtigen. Dann kann er gemäss der Studie zu einem Ort der sozialen Exklusion und der Einsamkeit werden.
In der Vorliebe der Jugendlichen für die Intimität von «privatem Ausgang», die auch bei sogenannten Home Partys eine wichtige Rolle spielt, zeigt sich das Ineinanderfliessen von privaten und öffentlichen Bereichen des Nachtlebens. Die bestehende Literatur, die den Ausgang eher mit dem Treffen neuer Bekanntschaften gleichsetzt, wird mit diesen Erkenntnissen um eine Facette bereichert. Und sie öffnen neue Perspektiven für Studien darüber, wie sich Raum und Identität gegenseitig prägen.
K. Pelzelmayer, S. Landolt et al.: Youth nightlife at home: towards a feminist conceptualisation of home. (2020)
Kalina Anguelova (Horizonte - Das Schweizer Forschungsmagazin)